Der "Anzeiger für Harlingerland" berichtet dazu am 21.7.2021:
Landvermessung begann vor 200 Jahren
FEIERSTUNDE Hinweistafel erinnert am Wasserturm an das Wirken von Carl Friedrich Gauß
200 Jahre nach dem Beginn der Vermessung des Königreichs Hannover durch Carl Friedrich Gauß ist jetzt am Langeooger Wasserturm von Bürgermeisterin Heike Horn, dem Präsidenten der Ostfriesischen Landschaft Rico Mecklenburg und dem Vorsitzenden des Heimatvereins Langeoog Erhard Nötzel in einer Feierstunde eine Gedenktafel am Ort des damaligen Signalpostaments enthüllt worden.
Ostfriesland und auch Langeoog gehörten damals vor 200 Jahren – zu einer der ersten Regionen in der Welt, in der man mit innovativer Messtechnik und mathematischer Triangulation ein Netz aus überdimensionalen Dreiecken bestimmte, um das Land exakt vermessen zu können und so eine Grundlage für genaue Karten zu haben.
Erhard Nötzel hatte die Gäste der Veranstaltung am Wasserturm begrüßt und darauf hingewiesen, dass man sehr gerne dieses besondere Ereignis dem Anlass gebührend größer gefeiert hätte, man freue sich aber, dass sogar Carl Friedrich Gauß persönlich erschienen sei – Prof. Klaus Kertscher von der Jade Hochschule Oldenburg, neben André Sieland vom Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung einer der Vortragenden, hatte sich als Gauß gekleidet.
Heike Horn dankte dem Heimatverein und Journalistin Petra Wochnik, die das Projekt nach dem Fund eines preußischen Vermessungspunktes mit André Sieland auf den Weg gebracht hatten. Die große Bedeutung der damaligen Vermessung der Rolle Langeoogs darin erschließe sich manchem erst nach Beschäftigung mit dem Thema. Die Bedeutung der Genauigkeit von Vermessung sei auf Langeoog allerdings leidvoll vertraut, fügte sie mit einem Augenzwinkern an und verwies auf die Fehler bei der Planung der neuen Containerbrücken.
Rico Mecklenburg erinnerte an die schwierige Aufgabe, mit einfachsten Mitteln damals exponierte Punkte für die Triangulation rechnerisch zu verbinden. Teilweise hätten dafür Bäume gefällt und Messungen 100-fach wiederholt werden müssen. Dies sei teilweise unter großen Strapazen erfolgt, besonders auf den Inseln seien nicht zuletzt durch den Sand die Bedingungen für den Einsatz der Messinstrumente noch widriger gewesen.
Von Langeoog aus seien vier Messungen erfolgt, Baltrum, Dornum, Esens und Spiekeroog seien durch drei Dreiecke angeschlossen worden.
Die Vielseitigkeit des Titans der Wissenschaft, der Gauß ohne Zweifel gewesen sei, hob Prof. Klaus Kertscher hervor, der schon seit 37 Jahren regelmäßig auf Langeoog zu Gast ist. In der Mathematik, der Physik, der Astronomie und der Vermessung habe er große Leistungen vollbracht und dabei nicht nur in der Theorie, sondern auch als Praktiker überzeugt.
Für den Auftrag von König Georg IV. von Hannover, das Land zu vermessen, bediente er sich mit der Triangulation eines geometrischen Tricks. Für die Bestimmung der Längen benötigte man nur eine bekannte Seite und zwei Winkel, um die fehlenden Seitenlängen zu ermitteln. Diese dienten dann für anschließende Dreiecke als bekannte Seiten. So konnte das Land mit Hilfe von Winkelmessungen mit Dreiecken überzogen werden. Damit seien Maßstäbe weltweit gesetzt worden.
Den Bogen zu aktuellen Vermessungskampagnen schlug André Sieland, denn er ist an der Neuvermessung des Landes beteiligt. Auf Langeoog erlaubte er durch Zitate aus Briefen von Gauß-Assistent Georg Wilhelm Müller einen Blick in die Zeit vor 180 Jahren, als dieser 1841 das Signalpostament im Westen der Insel auf der Kaapdüne, auf der heute der Wasserturm steht, anlegte. Er berichtete von Moorbränden, die den Blick ans Festland erschwerten und dass die Bekanntmachung der Länge und Breite des Postamentes und die Bedeutung auch für die Schifffahrt dazu führen sollten, dass die Signale auf den Inseln als Heiligtum betrachtet werden.
Gemeinsam mit Erhard Nötzel und Petra Wochnik habe Sieland sich im September auf eine Spurensuche auf Grundlage alter Aufzeichnungen begeben, und nun könne die einzige Rekonstruktion eines Signalpostaments in Niedersachsen mit einer Gedenktafel gefeiert werden. Die Enthüllung nahmen dann Heike Horn, Rico Mecklenburg und Erhard Nötzel vor.
Der Vorsitzende des Heimatvereins dankte abschließend allen Beteiligten von der Planung bis zur Organisation der Feier und lud zum Ausklang in den Garten des Seemannshus zu Gesprächen bei Sekt, Tee, Kaffee und Kuchen ein.
Text: Klaus Kremer
Fotos: Klaus Kremer, Klaus Kertscher, Erhard Nötzel